Perpetuum Mobile

2012

Vereinsmeiern den Spiegel vorgehalten

Schmiere-Theater Gelungene Premiere von „Perpetuum Mobile“.

Babenhausen |fs|
 

Intrigen, Postengeschacher und selbstverliebte, überhebliche Sponsoren, Generationskonflikte, geschäftlich-politische Verquickungen und Liebschaften – die Theatergruppe „Schmiere“ hält mit ihrem „Perpetuum Mobile“ der Vereinsmeierei den Spiegel vor. Auch wenn Autor und Regisseur Michael Dreier dies in einen fiktiven „Golfclub Abschlag 1952 e.V.“ fokussiert, so dürfte doch die eine oder andere Situation so manchem Mitglied auch eines örtlichen Vereins bekannt vorkommen, wenn auch nicht in dieser geballten Ladung.

Zwischen zwei Feuerwerken zu den jeweiligen Jahreswechseln eingebettet präsentiert „Schmiere“ ein Vereinsjahr mit all seinen Facetten. So beginnen die Intrigen bereits bei den „gut vorbereiteten“ Wahlen, in denen sich die resolute und sich bestens in Szene setzende Präsidentin die Familientradition wahrt und gleichzeitig für eine noch nicht existente Jugendgruppe ihren Sohn als gewählt bezeichnet.

Generationenkonflikt hervorragend dargestellt

Gerade dieser untermauert den Generationenkonflikt hervorragend, nicht zuletzt in der von ihm bewundernswert durchgehaltenen Jugendsprache, wobei ein bisschen weniger Erkan und Stefan glaubwürdiger gewesen wäre. Sprachlich genial auch der Vizepräsident mit seinen nichts-sagenden Worthülsen, an dem ein Politiker verloren gegangen war. Dazu passend seine fränkelnde, ihn stets anhimmelnde Gattin, die an seiner Seite zu Hochform aufläuft. Dazu passt auch der omnipräsente Sponsor, der mit seinem Geld nicht nur die Golfprojekte finanziert, sondern dadurch auch indirekt Einfluss auf alle Entscheidungen nimmt. Allerdings ist seine Herrlichkeit schnell beendet, als die Insolvenz durchsickert, ein neues schwerreiches Mitglied die „Bühne betritt“ und der Verein dadurch „einen neuen Geldbeutel“ besitzt. Genial auch die Wandlung der Sponsorengattin zu einem männermordenden Vamp, stark kontrastierend zu dem alles beschwichtigenden Mauerblümchen.

Trotz Geld auf Vereinskonto die Gemeinde angebettelt

Auch die sozialen Unterschiede werden von Michael Dreier bestens herausgestellt. Abhängige Angestellte und ein zum „Sklaven“ herabgestufter Jugendlicher, eine vom Geld abhängige Wertigkeit, Verquickung von Politik, Wirtschaft und Vereinspolitik, die auch in wechselseitigen Liebesaffären gipfelt, dürfen da nicht fehlen. Die Gemeinde, die „kein Geld“ für hirngespinstige Vereinsangelegenheiten hat, wird trotzdem angebettelt, obwohl sich auf dem Vereinskonto Riesensummen ansammeln. Auch hier sind durchaus Parallelen zu entdecken, wenn auch nicht in dieser Größenordnung.

Im Clinch steht die aufmüpfige Vereinsjugend mit den „Law and order“ – Rufen so manchen Vereinsmitglieds. Einen Gegensatz, der aber nicht immer nachvollziehbar ist, stellen die hysterisch verlaufenden Auftritte der Hotelköchin dar, deren tieferer Sinn sich oftmals dem Betrachter entzieht. Konfliktpotenzial wird an anderen Stellen des Stücks besser herausgearbeitet.

Auf die Schippe wird aber auch so manche Vereinsveranstaltung genommen, beispielsweise die allgegenwärtigen Nikolaus- und Weihnachtsfeiern, die an sich mit deren ursprünglichen Gedanken nichts zu tun haben, sondern schon eher mit alkoholschwangeren Exzessen, hier in Form des Christbaumlobens.

Selbst wenn die Theatergruppe „Schmiere“ das Thema nicht so tiefschwarz wie in früheren Bühnenauftritten aufarbeitet, so ist die Gesellschaftskritik durchaus herauszulesen, allerdings in einer Satire mit einigen humoristischen Einlagen. So sind bei „Perpetuum Mobile“ die Tränendrüsen nicht wegen trauriger Ereignisse, sondern aufgrund von Lachattacken im Einsatz.

Gute Chancen, ein Selbstläufer zu werden

Äußerst gelungen auch der „Abspann“, in dem die rund 30 Akteure auf und hinter der Bühne dem Publikum vorgestellt werden. Viel Applaus war der Dank für eine pannenfreie Premiere und rund zwei Stunden unterhaltsamen Theaters. Ob das Stück zu einem, wie der Titel schon sagt, Perpetuum mobile – also einem Selbstläufer – wird, werden die nächsten Aufführungen zeigen

Quelle: Illertisser Zeitung Nr.:244 vom 22.10.2012