rondo'99

1999

Musikalisches Jahrhundertfeuerwerk

Theatergruppe „Schmiere“ feiert mit „Rondo 99“ gelungene Premiere

 
Babenhausen |fs|
 
Die Theatergruppe Schmiere präsentiert in „Rondo 99“ eine musikalische Zeitreise durchs 20. Jahrhundert in Spitzenqualität. Rund 50 Akteure auf und hinter der Bühne liefen schon bei der Premiere zu Hochform auf und bescherten dem Publikum Livemusik vom Feinsten. Nicht leicht machten es sich die Verantwortlichen der Theatergruppe bei der Musikauswahl zu „Rondo 99“, hieß doch die Vorgabe, eine musikalische Zeitreise durchs 20. Jahrhundert zu organisieren.
 

So entstand eine Auswahl von 23 Liedern, die 19 Sänger präsentierten, die von der Schmiere-Band in gewohnter Präzision begleitet wurden. Eingebettet in den musikalischen Rahmen waren aber auch Tanzszenen, literarische Nachdenkliches und Sketche, wobei sowohl ton- als auch lichttechnisch neue Wege beschritten wurden.

Salonorchester

Als Salonorchester boten die Schmiere Akteure bereits mit „Ich wollt ich wär´ein Huhn“ einen bunten Jahrhundertstreifzug, von der Originalversion der Comedian Harmonists, über Rock- bis Klassikversion. Weiter ging es mit Gershwins weltbekanntem „Summertime“, in dem Elemente aus Folk, Gospel und Rhythmn & Blues vereint sint. Charleston war dann bei Gene Austens „Yes Sir“ angesagt. Dass Onkel „Bumba aus Kalumba“ dagegen lieber Rumba tanzt, belegten die Babenhauser Comedian Harmonists in begeisternder A-Capella-Manier. Mit Begeisterung gingen auch zahlreiche Soldaten anfänglich in zwei Weltkriege. Die Sinnlosigkeit der Kriege untermauerten nicht nur eingespielte Videosequenzen oder Briefzitate von der Front, sondern auch „sag´mir, wo die Blumen sind. Schemenhaft zogen anschließend die „Moorsoldaten“, KZ-Häftlinge, zum täglichen Arbeitseinsatz. Mauer, Tod und Stacheldraht war ihnen ebenso vertraut, wie der ganzen DDR-Nation einige Jahre später. Deren Unfreiheit, in der jedes „Ideal am Arsch ist“, jeder bespitzelt wird, verdeutlichte Bettina Wegners „Traurig bin ich sowieso“. Mit „Miss Celie`s Blues“ führte die musikalische Jahrhundertweltreise in die Slums der schwarzen Bevölkerung Amerikas, ehe der „King“ Elvis Presley mit „Can´t help falling in love“ Auferstehung feierte-sicherlich einer der Höhepunkte von „Rondo 99“.

 

Mit der Volksweise „Guter Mond du gehst so stille“ entführt die Schmiere auf den Erdtrabanten, nicht zuletzt mit Videoclips von der ersten Mondlandung. Wieder zurück ging es an den Teutonengrill, „Wenn bei Capri die rote Sonne…“. Hier wird deutsch gesprochen, Polt läßt grüßen, wobei die Zahl der Liegestuhlvarianten allein schon für Heiterkeitserfolge garantiert.

Flower-Power

Nach der Pause ging es mit „California Dreaming“ in die Zeit der Flower-Power, wobei diesem Arrangement etwas mehr Power gut täte. Natürlich durften da auch die Fab Four, wie die Beatles genannt wurden, nicht fehlen.

Um die Andersdenkenden geht es in Marius Müller-Westernhagens „Freiheit“, während Bob Dylan mit „Knockin`on heavens door“, hier in der rockigen Guns ´n´ Roses-Version klopft. Tabuverletzungen sind ein Markenzeichen von Tic Tac Toe. Mit „Mr. Wichtig“ klappte es im zweiten Anlauf, da die Umziehpause für das Trio offensichtlich zu kurz war. Doch das ist live, wie insgesamt „Rondo 99“, wobei kleinere, kaum auffällige Unsicherheiten gekonnt überspielt oder von der Moderation überdeckt wurden.
 
Tanzgruppe in Hochform
Grunge war schließlich angesagt. Als Vertreter dieser Richtung, die aus Überdruss, Hoffnungs-und Orientierungslosigkeit entstand, steht Kurt Cobain mit Nirvanas „Come as you are“. Nach dem pantomimisch glänzend gestalteten „Twist in my sobriety“ führte der Weg in die Disco, in der der Drogen-Rap „Isomnia“ von „Faithless“ aufgelegt wurde und die Tanzgruppe im Blitzlichtgewitter zur Hochform auflief.

In eine andere Welt entführte anschließend „Ich gehör nur mir“, einem der Highlights der diesjährigen Rondo-Produktion. Der Szene in Sissys Spiegelsaal ging Loriots Sketch „Eheberatung“ voraus.

Vergnügungssucht und Ungehemmtheit unter den Säulen des mächtigen Schlosses von Frank N. Further zeigt die Rocky Horror Picture Show. Der Kultsong „Time-Warp aus diesem komisch-gruseligen Film um einen blutrünstigen Transvestiten erlangte Kultstatus. Rück-und Ausblick heißt es dann in Bette Middlers „From a distance“, dem Schlußlied in „Rondo 99“.
 
Minutenlange „Standing Ovations“ waren für die 50 Akteure, darunter 15 Bühneneleven, der Theatergruppe Schmiere der schönste Lohn, für rund zweieinhalb Stunden begeisternder Theaterkunst.
 
Quelle: Illertisser Zeitung vom 08. November 1999